Oktober 19

Eine Woche Mannheim – ich war wieder unterwegs

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Endlich wieder auf Reisen

Eine Woche Mannheim liegen hinter mir. Ich war dort auf einem SAP-Lehrgang und es war eine fantastische Reise – mit allem, was „passiert“ ist. Nein, keine Angst. Dieses Mal keine medizinischen Notfälle.

„Das war doch keine Reise!“

So formulierte es ein Bekannter, fast entrüstet. „So wie du es erzählst, klingt es, alles hättest du geglaubt, im Urlaub gewesen zu sein.“, sagte er weiter.  Ich bin nicht darauf eingegangen. Selbstverständlich war es eine Reise! Was denn sonst? …und Urlaub? Das war es nicht ganz, aber es war dicht dran!

Die Bahnfahrt

Ich habe mich bewusst gegen das Auto entschieden. Ich liebe das Chaos auf größeren Bahnhöfen. Es ist fast, wie auf dem Flughafen. Jeder lebt in seiner eigenen Zeitzone. Die Obdachlosen wachen vor dem Bahnhof auf, während einige Reisegäste schon den Alkohol in der Hand haben. Die einen Reisen im Jogginganzug und sehen so aus, als würden sie gleich ins Bett gehen wollen. Andere sehen aus, als hätten sie gleich einen Staatsbesuch. Und alles vermischt sich. Es erinnert mich daran, dass das Leben kein Drehbuch hat. Für niemanden. Wir sind frei zu tun, was wir wollen.

Und dann die Züge selbst: Nicht einer war pünktlich. Schon mein ICE in Koblenz hatte 2 Stunden Verspätung und ich wich auf eine Regionalbahn aus. Den Anschlusszug? Habe ich natürlich verpasst. Ich stand mit einer Menge Leidgenossen zwischen zwei Wagons bei den Türen. Alle hatten den Anschlusszug verpasst und alle wollten sie ursprünglich mit dem ICE fahren, der mit seiner Verspätung alles ausgelöst hatte. Sitzplatzreservierung, mein Plan vom gechillten Schreiben während der Fahrt…alles für die Füße. Aber schön wars! Alles fühlte sich richtig an.

Der Lehrgang

Was die Reise von einer reinen Urlaubsreise unterschieden hat, war der Lehrgang. Der war wirklich großartig. Ich durfte so viel lernen. Die Inhalte waren gut gewählt und zusammengestellt. Die Unterlagen waren durchdacht und dann unsere Ausbilderin…ich ziehe meinen Hut. Sie hat es toll gemacht. Man konnte täglich spüren, dass sie Spaß am Ausbilden hat. Didaktisch war sie fabelhaft und es war nie wirklich langweilig.

Ich habe Mannheim mit dem Gefühl verlassen, etwas Nützliches und Wertvolles gelernt zu haben. Ich stellte aber auch während des Lehrgangs fest, dass ich bereits hervorragend von meiner Kollegin während meiner Einarbeitungszeit ausgebildet wurde. Ich freue mich kommende Woche mit meinem neu erworbenen Wissen ans Werk gehen zu können.

Ich kann gar nicht oft genug danken – aktuell den beiden Damen – aber auch jedem anderen, bei dem ich lernen darf und durfte. Lernen ist Fortschritt und nicht Stillstand. Ich kann und will nicht stillstehen. Ich kann und will nicht aufhören zu lernen. Ich kann und will nicht aufhören diese tiefe Dankbarkeit zu empfinden.

Mannheim

Graffiti-Version des Mannheimer Stadtwappens mit roter Eins und goldenem Löwen auf schwarzer Wand.

Die Stadt hat mich überrascht. Angefangen bei der Tatsache, dass Mannheim einen eigenen Flughafen hat. Das wusste ich nicht. Dann gibt es dort etwas Besonders: Die Straßen der Innenstadt sind in einem Gittermuster angelegt und dort gibt es keine herkömmlichen Straßennamen, sondern die Blöcke werden, ähnlich wie in den USA, mit Buchstaben-Zahlen-Kombinationen bezeichnet. Außerhalb der Innenstadt sind die Straßennamen aber herkömmlich.

Zusätzlich haben sie ein hervorragendes Netz aus Bussen und Straßenbahnen. Das war nützlich, da ich - wie bereits erwähnt - darauf verzichtet habe, mit dem Auto anzureisen.

Architektonisch traf die Stadt nicht so meinen Geschmack. Das war aber nicht schlimm. Ich hatte meine Fleckchen, rund um das Hotel, wo ich ein bisschen spazieren gehen konnte. Mein Außenbandriss hat einigermaßen Ruhe gegeben. Größere Wanderungen waren nicht drin, aber ein bisschen was geht ja immer.

Auf Sightseeing habe ich komplett verzichtet. Ich wollte die Reise nutzen, um mich selbst „auszuhalten“. Viel Ruhe. Kein Buch. Kein TV. Möglichst den Rechner (außerhalb der Unterrichtszeiten) auslassen. Das Handy nur zum Musikhören. Selbst das habe ich nicht so intensiv gemacht, wie ich das sonst mache.

Ich wollte mich bewusst meinen Gedanken stellen. Ich fand es interessant, was mir so alles in den Kopf kommt.

„Work smart, not hard!“

Mit diesem Satz wollte uns die Ausbilderin verdeutlichen, dass SAP in der Handhabung nur halb so wild ist. Ich gehöre zu der seltenen Spezies, die gerne mit SAP arbeitet, aber „work smart“…das ist nicht meine Welt.

Bequemlichkeit macht mich misstrauisch. Ich finde in der Bequemlichkeit keine Antworten. Sie hält mich an der Oberfläche. Ich brauche aber Tiefe. Ich brauche Antworten. Ich muss das Leben spüren – auch wenn es manchmal schmerzt.

Ich stand auf dem Weg vom Mannheimer Hauptbahnhof zum Hotel rund 20 Minuten vor einem freien Sitzplatz in der Straßenbahn. Ich wollte mich nicht setzen – obwohl der Fuß höllisch weh getan hat. Ich fragte mich während der kompletten Fahrt, warum ich mich nicht einfach hinsetze.

Es hat sich falsch angefühlt und wenn ich einer Sache gelernt habe zu trauen, dann ist es meine Intuition. Sie lässt mich nur äußerst selten im Stich.

Der Körper. Der Geist. Die Grenzen.

Bänderriss, Erkältung…es gab gute Gründe nicht nach Mannheim zu reisen und den Lehrgang nicht anzutreten. Zum Glück gab es aber bessere Gründe genau das zu tun. Ich bin froh mit meiner Entscheidung und das hat nicht nur mit dem Lehrgang und dem dort Gelernten zu tun.

Digitale Illustration im Stil Leonardo da Vincis mit einer Figur nach dem Vitruvianischen Menschen, die Körper, Geist und Grenzen symbolisiert.

Zwischen Anatomie und Bewusstsein – eine Hommage an das Menschsein

Ich spürte schon am ersten Abend im Hotel, dass es mehr wird als ein Lehrgangsbesuch. Schon im Zug hat sich die innere Stimme gemeldet. Sie hat nur darauf gewartet mit mir allein zu sein. Keine Ablenkungen durch den Alltag. Ich habe diese Stimme gewähren lassen. Ähnlich einer Meditationsübung, ist es interessant dieser Stimme zuzuhören. Mit sich selbst in Dialog zu kommen. Anzunehmen, dass die Stimme sich mit Recht Gehör verschafft. All die Anklagen, Warnungen, Hinweise und Ratschläge, die sie abfeuert. Von Zeit zu Zeit muss sie gehört werden und es ist kein Fehler angemessen darauf zu reagieren.

Mir bringen diese inneren Dialoge Frieden und Gelassenheit. Ich habe mit der Zeit gelernt, dass es hilft, nicht gegen sich selbst zu argumentieren, sondern zu akzeptieren, dass man eben begehrt, was man begehrt. Diese Stimme geht nur allzu oft im Gewirr von Social Media, Werbung und Dauerberieselung unter. Kein Wunder, dass so viele Menschen unzufrieden sind. Wie sollen sie wissen, was sie wirklich wollen, wenn sie diese Stimme ständig mundtot machen?

Fazit

Mannheim war kein Lehrgang. Es war eine Begegnung mit mir selbst. Es war eine Zäsur – so, wie jede Reise für mich eine Zäsur ist. Ein Zwischenraum zwischen Vergangenheit und Zukunft. Zwischen Krankheit und Leben. Zwischen dem, was ich loslassen will oder muss und dem, was bleiben darf.

Die Suche nach mir selbst geht weiter und ich hoffe, dass sie noch lange anhält. Eines aber weiß ich sicher:

„Ich muss kein neues Ich werden. Ich muss mich nicht neu erfinden. Ich bin längst vollständig – nur mich vollständig kennen, das tue ich noch nicht!“

Jede Reise, jede Herausforderung, jede Sekunde Leben hilft mir dabei klarer zu sehen.


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